Respiro - Musik, die berührt, In Memoriam Walter Nater (1938 - 2012)

Mälzels Metronom (MM)

originales Metronom von 1815
Dies ist eines der ersten Metronome,
die Mälzel 1815 in Paris bauen liess.
Es funktioniert noch heute fehlerlos und steht in
Wien im Kunsthistorisches Museum,
Sammlung alter Musikinstrumente (Neue Burg)
(mit einem Klick ins Bild erhält man ein grössere Ansicht)

Johann Nepomuk Mälzel war ein Musiker und Mechanikus, ein Tüftler. Das Metronom, welches wir von ihm heute kennen, war eine gestohlene Erfindung, die Mälzel, geschäftstüchtig und skrupellos, adaptierte und mit grossem Erfolg vertrieb. Doch das Metronom kam in einer Zeit auf den Markt, wo alles zu wanken begann. Mit der Industrialisierung kam ein neues Zeitgefühl auf: Man begann mit der (und gegen die) Uhr zu leben, statt wie früher mit dem Auf und Ab der Tageszeiten. Die Zeitmessung wurde genauer – und so wollte man auch die Musik genauer festlegen. Leider bediente man sich dann des falschen Mediums, denn die Pendelbewegung als Urbegriff des Lebens wurde zum grössten Missverständnis: War eine einfache Bewegung nun die ganze oder nur die halbe Einheit, die es zu messen galt?

Mälzel gibt dem Einzelschlag die halbe Einheit, denn er schreibt in der englischen Urfassung seiner Gebrauchsanleitung („Directions for using Maelzel's Metronome”) folgenden Satz:

... it being well understood, that in this, as in every other case, each SINGLE beat or tick forms a part of the intended time, and is to be counted as such; ...

„Übersetzung: Wohl verstanden ist es so, dass in diesem, wie in jedem anderen Falle, jeder EINZELNE Schlag oder Tick einen Teil des beabsichtigten Zeitmasses bildet, und als solcher zu zählen ist, ...”

Also: der einfache Schlag bildet einen Teil (= Hälfte) der vorgestellten Zeiteinheit, z.B. MM = 60 bedeutet in diesem Fall, dass zwei Schläge die Einheit, also den Viertel viertel N ote, bilden; somit entspricht der Einzelschlag dem Achtel achtel Note.

Dass dieser These der halbierten Einheit schärfste Kritik von Seiten der Musikwissenschaft erwächst, kann nicht verwundern. Wer gibt schon gerne zu,
dass man seit über hundert Jahren einem Irrtum verfallen ist ... ?